KI im Dienste der Bildung: Schweizer Lernende profitieren von smarten Technologien

11.06.2025 von Livia Belhiba Reportage

Künstliche Intelligenz als Wirbelwind in der Schweizer Berufsbildung: Während sich die einen noch dagegen querstellen, trägt er die anderen an neue Ufer. Am alljährlichen Symposium des Ostschweizer Kompetenzzentrums für Berufsbildung (OKB) werden Potenziale und Herausforderungen der KI in der Berufsbildung beleuchtet, denn KI kann grossen Nutzen stiften, birgt aber ebenfalls Risiken. Gelingt es uns als Gesellschaft, diese Technologie zu steuern und zu gestalten, stehen die Chancen gut, dass sie zum Werkzeug für Fortschritt und Wohlstand wird.

Roboter der in Bibliothek ein Buch liest

Künstliche Intelligenz als Wirbelwind in der Schweizer Berufsbildung: Während sich die einen noch dagegen querstellen, trägt er die anderen an neue Ufer. Am alljährlichen Symposium des Ostschweizer Kompetenzzentrums für Berufsbildung (OKB) werden Potenziale und Herausforderungen der KI in der Berufsbildung beleuchtet, denn KI kann grossen Nutzen stiften, birgt aber ebenfalls Risiken. Gelingt es uns als Gesellschaft, diese Technologie zu steuern und zu gestalten, stehen die Chancen gut, dass sie zum Werkzeug für Fortschritt und Wohlstand wird.

Am Symposium vom 6. Dezember 2024 zum Thema «Klug. Kreativ. KI – Wie Künstliche Intelligenz die Berufsbildung durcheinanderwirbelt», organisiert durch das Ostschweizer Kompetenzzentrum für Berufsbildung (OKB), stehen innovative Ansätze und die Integration von Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI) in die Berufsbildung im Fokus. Die Veranstaltung beleuchtet die Potenziale und Herausforderungen von KI in der Berufsbildung, von ethischen Fragen bis hin zur praktischen Anwendung. Expertinnen und Experten diskutieren darüber, wie KI individualisierte Bildungsangebote, interaktive Lernmethoden und verbesserte Prozesse ermöglichen kann, aber auch, welche Risiken sie birgt, wenn Inhalte unkontrolliert erstellt und genutzt werden.

KI – Teufelswerk oder Heilsbringerin?

Ob Künstliche Intelligenz «gut» oder «schlecht» ist, hängt stark von der Perspektive, dem Anwendungsfall und der Gestaltung ihrer Nutzung ab. KI ist eine Technologie – sie selbst ist weder moralisch noch unmoralisch. Ihre Auswirkungen werden durch die Ziele, Werte und das Verantwortungsbewusstsein der Menschen bestimmt, die sie entwickeln und einsetzen. Vorteile von KI sind, dass sie repetitive Aufgaben automatisieren kann, wodurch menschliche Arbeitskräfte für komplexere Tätigkeiten frei werden. Sprachassistenten, Navigation und andere KI-gesteuerte Dienste vereinfachen das Leben. Ausserdem ermöglicht KI massgeschneiderte Lösungen, die optimal auf individuelle Bedürfnisse eingehen und hilft bei der Analyse grosser Datenmengen, was z.B. in der Klimaforschung oder Genetik neue Erkenntnisse liefert. Doch genau diese grossen Mengen an Daten führen auch zu Bedenken hinsichtlich Privatsphäre und Überwachung. Wenn KI mit voreingenommenen Daten trainiert wird, können Systeme ungerechte Entscheidungen treffen, etwa bei der Kreditvergabe oder im Recruiting. Automatisierung durch KI könnte zudem bestimmte Berufe überflüssig machen und zu sozialer Ungleichheit führen.

Verantwortung und Gestaltung

Damit KI «gut» ist, müssen strikte ethische und rechtliche Rahmenbedingungen gelten:

  • Transparenz: Nutzer sollten verstehen, wie Entscheidungen von KI getroffen werden
  • Ethische Entwicklung: Entwickler müssen sicherstellen, dass Systeme sicher, gerecht und nachhaltig sind. Anita Klingel, Leiterin des KI-Teams der Beratungsstelle PD in Stuttgart, betont am Symposium, dass es sich bei «unethischen Anwendungen» oft um kleine Fehler in der Programmierung handle und nicht um böswilliges Leidwerk. Um diese zu vermeiden, müsse KI-Ethik zwingend bei der Entwicklung von neuen Angeboten berücksichtigt werden, am besten bereits in der Planungsphase.
  • Inklusive Anwendung: KI sollte so gestaltet werden, dass alle Gesellschaftsschichten davon profitieren

Lernen neu gedacht: Adaptive Lehrmittel und personalisierte Inhalte

In einer klassischen Berufsschule werden Inhalte meist in einem festen Tempo unterrichtet, unabhängig davon, ob alle Lernenden mitkommen oder sich langweilen. KI-basierte Lernplattformen, wie z.B. diejenige vom Zürcher Anbieter nu.education, ändern das radikal. Sie analysieren den Lernfortschritt jedes/r Einzelnen in Echtzeit und passen die Inhalte automatisch an. Die individualisierten Übungsaufgaben und das Echtzeit-Feedback sind ideal für die zunehmend diverse Schülerschaft.

Virtuelle Realität trifft KI: Immersives Lernen

In Berufsfeldern wie der Pflege sind praktische Erfahrungen essenziell, aber nicht immer leicht zu organisieren. Hier kommen KI und Virtual Reality (VR) ins Spiel. Dank KI-gesteuerter Simulationen können Lernende riskante oder komplexe Situationen sicher üben. Fachleute Gesundheit EFZ können beispielsweise in einer virtuellen Umgebung den Umgang mit Notfällen trainieren, ohne echte Patienten zu gefährden. Aber es gibt auch schon Simulationen, die es zukünftigen Automobil-Mechatroniker/innen EFZ ermöglichen, ohne negative Konsequenzen an einem Auto zu schrauben. Oder Simulationen, die Gärtner/innen EFZ zeigen, wie der Garten in einer anderen Jahreszeit oder nach fünf Jahren aussehen wird. Oder Simulationen, die Logistiker/innen EFZ helfen, das Lager so einzurichten, dass die Transportwege möglichst kurz sind. Die KI passt dabei die Schwierigkeit der Simulation an den Lernstand der Nutzerin oder des Nutzers an und gibt präzises Feedback zu seinen Handlungen.

Lehrpersonen als Coaches mit KI als Assistent/in

Auch Lehrpersonen profitieren von KI. Sie erhalten Werkzeuge, die ihnen helfen, ihren Unterricht effizienter zu gestalten. KI-gestützte Analyse-Tools zeigen beispielsweise, welche Themen den Lernenden besonders schwerfallen, und schlagen angepasste Unterrichtsmethoden vor. So bleibt mehr Zeit, um in der Rolle als Lerncoach den persönlichen Kontakt zu den Lernenden zu pflegen. Die Informatiklehrerin Renée Lechner betont, dass gernerative Large Language Models (wie z.B. Chat GPT) schon deutlich mehr können, als viele wissen: Lese man z.B. ein Excel mit Daten ein, könne es Statistiken inkl. Grafiken erstellen. Lechner schmunzelt: «Dass KI Fotos, Musik und sogar Videos erstellen kann, hat sich bereits herumgesprochen. Doch dass KI ganze Präsentationen auf Knopfdruck generieren kann, die danach im Powerpoint weiterbearbeitet werden können (siehe z.B. Gamma), daran müssen sich viele Lehrpersonen aus der Generation der Babyboomer erst noch gewöhnen, während ihre Lernenden die Anwendung bereits munter nutzen. Wer sich denkt, dass er in fünf Jahren sowieso pensioniert werde und sich deshalb nicht mehr mit den neuen Technologie abgeben müsse, hat weit gefehlt. KI findet JETZT statt und es gibt keinen Weg daran vorbei!»

Die Herausforderung: Ethik und Datenschutz

Natürlich gibt es auch Herausforderungen. Der Umgang mit sensiblen Daten, die Transparenz von Algorithmen und die Gefahr einer sozialen Ungleichheit durch KI-gestützte Bildungssysteme müssen kritisch beleuchtet werden. Die Schweiz hat jedoch mit ihrem Fokus auf Datenschutz und ethische Standards die Chance, hier eine Vorreiterrolle einzunehmen. KI ist kein Ersatz für Lehrpersonen oder Berufsbildner/innen – und soll das auch nicht sein. Vielmehr ist sie ein mächtiges Werkzeug, das Lernende und Lehrende unterstützt, Bildungswege flexibler und inklusiver gestaltet und die Qualität der Ausbildung weiter steigert. Mit ihrer Innovationskraft und ihrem Bewusstsein für ethische Fragen hat die Schweiz die einmalige Gelegenheit, die Berufsbildung von morgen zu gestalten – smarter, persönlicher und zukunftssicher.

OKB

Das Ostschweizer Kompetenzzentrum für Berufsbildung (OKB) ist eine Kooperation zwischen der Pädagogischen Hochschule St.Gallen (PHSG) dem Institut für Wirtschaftspädagogik der Universität St.Gallen (IWP-HSG) und dem Zentrum für berufliche Weiterbildung (ZbW) und bietet Aus- und Weiterbildungen für Berufsbildungsverantwortliche der verschiedenen Lernorte an. Die Kompetenzzentrumsleitung koordiniert die Aus- und Weiterbildungen, deren Weiterentwicklung sowie Projekte im Bereich der Forschung und Entwicklung. Ein Beirat aus Bildung, Forschung und Organisationen der Arbeitswelt unterstützt die Leitung in ihrer Strategiesetzung und -entwicklung.

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